Indopazifik: Deutschlands Mitschuld am U-Boot-Debakel - WELT

2021-12-29 06:43:59 By : Allen Zhang

E s ist mal wieder leicht, sauer auf Amerika zu sein. Kein Wunder, dass Paris jetzt seine Botschafter aus den USA und Australien nach Hause beordert. Da schließt Washington heimlich einen Sicherheitspakt mit Canberra und sticht dabei Frankreich als Lieferanten von U-Booten an Australien aus. Dabei wollte die neue Regierung von Joe Biden doch einig mit Europa gegen China auftreten.

Aber gerade dort, wo das am nötigsten wäre, tricksen die USA uns einfach aus. Für ein paar Milliarden Dollar! In der Empörung sind sich die Europäer einig. Dabei lautet die Wahrheit: Wenn die EU-Partner so vereint Verteidigungspolitik machen würden, wie sie jetzt jammern, dann hätte es das Australien-Debakel vielleicht gar nicht gegeben. Dieses Versäumnis betrifft besonders Deutschland.

Sicher: Australien war schon länger unzufrieden mit Paris. Zudem haben die atomgetriebenen US-Boote unbestreitbare Vorteile gegenüber den konventionellen französischen. Und offenkundig kommuniziert die neue Biden-Regierung schlecht mit ihren Verbündeten – wie im Fall Afghanistan. Alles richtig.

Aber bei dieser Ursachenforschung gerät das große Ganze aus dem Blick: Australien hat sich im Zuge eines umfassenden Sicherheitskonzepts für den U-Boot-Lieferanten Amerika entschieden. Und zwar vor allem, weil Washington ein Verbündeter ist, der erwiesenermaßen Waffen und Soldaten schickt, wenn die Sicherheit seiner Alliierten bedroht ist.

Das kann man von den Europäern nicht sagen. Die EU hat nur in Ansätzen eine Strategie für den Indopazifik, und vor allem lässt sie kaum Bereitschaft erkennen, Europa robust als globalen sicherheitspolitischen Akteur zu positionieren. Wenn jemand diesen Anspruch verfolgt, dann die Franzosen.

Als Großmannssucht einer Ex-Weltmacht belächeln die Deutschen diese Ambitionen gern. Dabei könnte Europa viel effizienter Sicherheitspolitik betreiben, wenn nur die Deutschen endlich ihre Scheu davor verlören. Das ist die große außenpolitische Herausforderung der nächsten Bundesregierung.

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