Möbel: Ikea will den Inbus-Schlüssel ablösen | Augsburger Allgemeine

2022-09-02 21:05:44 By : Mr. Zon Pack

Sie suchen das e-Paper, die digitale Zeitung?

Sie ziehen um, fahren in den Urlaub oder haben Fragen zu Ihrem Abo?

Sie wollen eine private Kleinanzeige aufgeben? Nutzen Sie unsere Online-Anzeigeannahme.

Eine neue Holzsteckverbindung soll den Inbus-Schlüssel künftig ersetzen. Ikea-Chef Peter Agnefjäll ist begeistert von der neuen Technik, mit der sich reichlich Zeit sparen lässt.

Ikea allein als Möbelhaus zu betrachten, wäre eine verkürzte Sichtweise des Phänomens. Denn die schwedischen Möbelmacher verändern Menschen, ja Beziehungen. Beim Zusammenbau eines 2,36 Meter hohen und 58 Kilo schweren Pax-Kleiderschrankes soll manche Ehe-Krise erst eskaliert sein.

Andererseits haben Ikea-Entwickler Menschen Selbstbewusstsein verliehen, wie es Motivationstrainer und Psychologen nur schwer vermögen. Dass es handwerklichen Dilettanten gelingt, meterweise Bücherregale nach oben wachsen zu lassen, verdanken sie einem schlichten L-förmigen Werkzeug mit sechskantigem Kopf. Wer Billy-Regale aufbaut, mag seinen Inbus-Schlüssel als kraftsparendes Zauber-Werkzeug nicht mehr missen. So wächst Buch um Buch die Bildung und Billy um Billy werden selbst Intellektuelle zu brauchbaren Möbel-Aufstellern. Über Jahrzehnte hinweg sammelt sich eine ganze Tüte mit Inbussen an, wie mancher sagt, obwohl der Duden das Werkzeug nur in der Singularform akzeptiert. Dabei hält sich unter Billy-Bauern hartnäckig die falsche Aussprache mit einem „m“. Doch „Imbus“ mag für manches Ohr besser klingen, ist aber falsch. Der Begriff setzt sich nämlich aus fünf Buchstaben der Markenbezeichnung „Innensechskantschraube Bauer und Schaurte“ zusammen. Die Firma Bauer und Schaurte gilt als Ersthersteller des praktischen Helferleins.

Ikea gebührt das Verdienst, den Inbus zum Massenartikel gemacht zu haben, mit dem sich Innensechskant-Schrauben vergleichbar leicht und auch an schwer zugänglichen Stellen eindrehen lassen. Ein solch, manchmal sogar gegenüber Kreuzschlitz-Schrauben vorteilhaftes Produkt sollte ein Unternehmen weiter hegen und pflegen, möchte man meinen. Doch Unternehmens-Chef Peter Agnefjäll schraubt an Umsturzplänen. Der schlanke Schwede mit den blauen Augen („Ich bin der Peter“) behauptet, der Konzern habe etwas Besseres als den Inbus erfunden. „Wir nennen es Holzsteckverbindung“, sagte er unlängst der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung. „Holzsteckverbindung“ – das klingt maximal unsexy, ja maximal anti-inbusig. Der Ikea-Boss ist aber begeistert von der neuen Technik, schließlich ließen sich dadurch ganz ohne Schrauben Bauteile aus Holz verbinden. Dabei handele es sich um eine Art Keildübel mit einem Gehäuse aus Kunststoff und einem Kern aus Metall.

Für alle dank Inbus-Technik zu Heimwerkern herangereiften Menschen hat Agnefjäll eine schlechte Nachricht parat: „Stück für Stück wollen wir – wo es möglich ist – den Inbus-Schlüssel ersetzen.“ Schon sind einige Ikea-Tische mit der revolutionär einfachen, enorm zeitsparenden und wohl auch manche Ehekrise verhindernden Holzstecktechnik ausgestattet. Agnefjäll macht den Selbstversuch der von hauseigenen Ingenieuren entwickelten Ruck-Zuck-Technologie: „Einmal klick, zweimal klick, dreimal und viermal klick, und dann mit den Fingern an diesen Rädern festdrehen, fertig.“ Schon hat der Tisch Beine. Was dann doch verwundert und Inbus-Enthusiasten etwas Hoffnung geben kann: In der Packung steckt noch ein alter L-förmiger Schlüssel. Der Ikea-Chef wiegelt ab. Der Inbus sei nur als Reserve gedacht. Damit könnten die Dübel am Ende ein bisschen fester gezogen werden. Dennoch: Die Generation Inbus wird nicht ganz arbeitslos.